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Seitenrascheln

Der Anschlag - Stephen King, Wulf Bergner Kennt ihr das, wenn man die letzte Seite eines Buches gelesen hat und sich das Gefühlt einstellt, man habe eine lange, lange Reise hinter sich? Wenn einem die Figuren in einer Geschichte so vertraut geworden sind, dass es sich anfühlt, als würde man diese alten Bekannten jetzt erst einmal nicht mehr täglich sehen?

Genau das ist mir mit Stephen Kings „Der Anschlag“ passiert. Als ich es heute Nachmittag zuklappte, hinterließ es ein wehmütiges Gefühl, das auch jetzt noch ein bisschen anhält. Denn dieses Buch ist kein „typischer“ King, es ist etwas Besonderes. Es hat mich genauso fasziniert wie seine Reihe um den dunklen Turm – und das muss echt etwas heißen!

Der Englischlehrer Jake Epping lebt ein völlig normales Leben im Jahr 2011 – bis ihm sein Freund Al offenbart, dass sich im Lagerraum seines Schnellrestaurants ein „Schlupfloch“ in die Vergangenheit befindet. Al nennt es „das Kaninchenloch“, da man durch dieses Portal – genau wie Alice – in eine andere Welt gelangt. In die Welt im Jahr 1958. Jake glaubt ihm zunächst nicht, bis er selbst das Jahr 1958 besucht und sich das erste Mal probeweise dort umsieht.

Doch Al hat Jake nicht nur in dieses Geheimnis eingeweiht, um ihm zu erklären, warum er seine berühmten „Fatburger“ so billig anbieten kann. Er hat, während er selbst lange Zeit in der Vergangenheit verbrachte, einen Plan gefasst. Er will um jeden Preis verhindern, dass am 22. November 1963 John F. Kennedy erschossen wird. Al selbst kann das allerdings nicht mehr, da er an Krebs erkrankt ist. Nur deshalb hat er Jake überhaupt in seinen Plan mit eingeweiht.

Es passieren Dinge, die dafür sorgen, dass Jake sich schließlich ins Jahr 1958 begibt und sich dort, während er Harry, der 2011 in einem seiner Kurse für Erwachsene sein wird, helfen will und nach einiger Zeit auch Lee Oswald, den potentiellen Kennedy-Attentäter zu observieren beginnt, ein eigenes Leben aufbaut. Doch dass gerade dieser Umstand nicht nur für ihn äußerst gefährlich werden kann, wird Jake, der sich in der Vergangenheit George Amberson nennt, langsam klar, als er die Bibliothekarin Sadie Dunhill kennenlernt und sich in sie verliebt.

Dieses Buch ist auf der einen Seite kein typischer King, da es gänzlich ohne Horror-Elemente auskommt. Es ist schwer zu beschreiben, in welches Genre diese Geschichte gehört, da sie sowohl ein Krimi, als auch eine Liebesgeschichte und noch vieles mehr ist. Auf der anderen Seite ist das Buch ein typischer King, da ich als Leser von Anfang an in die Handlung hineingeworfen wurde. Ich finde es faszinierend, wie King in unserer Realität etwas auftauchen lässt, das ganz und gar surreal ist, einem aber nach einer Weile völlig normal erscheint. Wie zum Beispiel das „Kaninchenloch“, das ins Jahr 1958 führt.

Ich fand es unheimlich spannend, alle Personen in diesem Buch kennenzulernen. Mit manchen hatte ich Mitleid, andere habe ich lieben oder fürchten gelernt, aber am Ende hatte ich das Gefühl, mich von alten Bekannten trennen zu müssen. Es verbindet perfekt Geschichte und Fiktion und zumindest mich hat es dazu gebracht, mehr über das Kennedy-Attentat wissen zu wollen.

Kurz gesagt: Wer es noch nicht gelesen hat – lest dieses Buch! Es ist großartig.